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sammlung dichter

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wer war ernest dichter?

ernest dichter war einer, der nie aufgehört hat zu fragen, was der mensch ist, welche motive ihn treiben und wie menschliche kommunikation „funktioniert“. zu fragen gelernt hat ernest dichter bei moritz schlick, karl und charlotte bühler und im umfeld des wiener kreises. dabei ging es dichter nicht um akademischen diskurs oder karriere, sondern um die praktische verwertbarkeit von philosophie.

insofern korreliert sein pragmatischer ansatz in gewisser weise mit der intention des wiener kreises, dessen erklärtes philosophisches ziel es u. a. war, „denkwerkzeuge für den alltag zu formen, für den alltag der gelehrten, aber auch für den alltag aller, die an der bewussten lebensgestaltung irgendwie mitarbeiten“ (aus dem manifest „wissenschaftliche weltauffassung. der wiener kreis“ wien 1929 s.14). freilich genügt logischer empirismus allein nicht. tiefer gefragt hat dichter nicht zuletzt durch seine intensive auseinandersetzung mit sigmund freud, dessen psychoanalyse er über wilhelm stekel bzw. rudolf aichhorn rezipierte.

über die imago-vorstellung der gestaltpsychologie prägte dichter den heute gängigen begriff vom „image“. später als „mister image“ apostrophiert, postulierte dichter, dass die „dinge eine seele“ haben, also quasi lebendige projektionsfläche menschlicher wunschvorstellungen sind – und damit teil authentischer kommunikation. dichter verstand sich als kulturanthropologe – er versuchte in der entschlüsselung der motive zum kern der dinge vorzustoßen, zu eruieren, was tatsächlich dahintersteckt, wenn menschen agieren, kaufen, hassen, lieben, wählen... oft sind rationale beweggründe nur vordergründig - immer spielt die emotionalität die hauptrolle, archaische, holistische, märchenhaft-mythische oder religiöse vorstellungen sind immer teil von „glück“ – und wer wollte kein glück, sei es auch nur das „kleine glück“ des alltäglichen lebens...

man muss mit den bildern und motiven des glücks rechnen, die großen fragen stellen – denn sie prägen die banalität mindestens ebenso wie rationale überlegungen. in diesem spannungsfeld von tiefendimension und vordergründigem rationalisieren bewegte sich dichter in seiner interpretation von – gesellschaftlicher wie politischer – wirklichkeit. produktwahrheit und die dazu passende, effektiv kommunizierte produktinformation in form von werbung gehört da ebenso dazu wie pädagogischer impetus, um werte im kontext politischer auseinandersetzung zu lancieren. immer geht es jedoch auch um den größeren gesellschaftlichen zusammenhang.

dichter fungiert als ethisch motivierter animateur, geht mit den menschlichen realitäten als therapeut und pädagoge um und will mit den mitteln medialer kommunikation bewusstseinsbildung in großem stil betreiben. er ist dabei optimist, hedonist und humanist. dichter konstatiert das lustprinzip als dem realitätsprinzip vorrangig – emotion vor ratio. trotzdem steht lust nicht unbedingt in widerspruch zu ethik – im gegenteil, ethik verfeinert den genuss in einem ganzheitlichen sinn. menschen zu genuss und verantwortung zu ermutigen, ist vielleicht der succus, den dichter von alfred adler rezipiert hat. menschen etwas zuzutrauen – ermutigung, vertrauen in die eigene kompetenz (vgl. dazu dichters dissertation mit dem thema: die selbstbeurteilung der eigenen fähigkeiten und leistungen), das sind große motivationsfaktoren, die auch gesellschaftlich fruchtbar werden können. unkonventionelles denken, kreatives herangehen an probleme, die frage des „why not“ an stelle resignativer apathie, die fähigkeit, in antinomien zu denken („up and down thinking“) – das sind nur einige der „techniken“, die ernest dichter propagierte.

was war sein ziel? prinzipielle offenheit für alles, was ist – gestalten der wirklichkeit, wie sie dem menschen (nachhaltig) am besten nützt, angehen von problemen mit kreativer unzufriedenheit und der unkonventionellen unbekümmertheit, gordische knoten aufzulösen – es bleibt ein dynamisches geschehen, kein als statisch misszuverstehender endpunkt: „getting there is all the fun!“ in diesem sinn will dieses projekt aufforderung und motivation sein, sich auf den weg zu machen...

ernest

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