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konrad bayer  |  flucht


Der mit flucht übertitelte, auf der Plakatsäule spiralförmig sich abwärtswindende Text von Konrad Bayer besteht aus 1475 aneinandergereihten Kleinbuchstaben; ohne Leerzeichen Punkt und Komma  drängen sie voran,  erlauben dem lesenden Auge kein Verweilen zum Erfassen eines Begriffs, dem Vorlesenden keine Pause zum Atemholen. Nur scheinbar  unverständlich, ist die Buchstabenschlange als „zusammenhängende, in der abfolge geordnete wortkette“ zu lesen, der „ein geschehen zu grunde liegt“: die Flucht. Aus den Wortverschränkungen lassen sich über 300 Begriffe herausfiltern, die Aggression, Krieg, Verfolgung, Tod  assoziieren: beginnend mit gewehrlauf-laufschritt-schrittweise-eisendraht und endend mit wehrgraben-enge-gestein-eingrab-abtöten. 1963/64 übertrug Konrad Bayer den Text auf einen Zylinder, der als „Lesesäule“ auf einem elektrisch betriebenen Drehteller montiert, langsam rotiert; ein die klassischen Kunstsparten übergreifendes Mobile mit genialem literarischen Text.  Am Yppenplatz jedoch muß man die feststehende Säule mehrmals umwandeln, um den zeitlosen, wie hochaktuellen Inhalt „flucht“ zu erfassen.


Konrad Bayer
(* 17. Dezember 1932 in Wien; † 10. Oktober 1964 in Wien) war ein österreichischer Schriftsteller

Konrad Bayer ist einer der wichtigsten Protagonisten der österreichischen literarischen Avantgarde nach 1945.
In der Tradition des Dadaismus war die Provokation programmatisch. Der avantgardistische und experimentelle Umgang mit Literatur und Sprache war der Versuch, Sprachroutinen aufzubrechen, sprachlich transportierte Ideologismen aufzudecken und das Bewusstsein von festgeformten Denkgewohnheiten zu befreien.
Bayer war befreundet mit Schriftstellern wie Oswald Wiener, Gerhard Rühm, H.C. Artmann und Friedrich Achleitner.
Von 1954 bis 1960 bildeten sie die Wiener Gruppe. Vor allem der Wiener Art Club war Podium für verschiedene Happenings, in denen es – meist ohne vorher abgesprochenes Programm – in dadaistischer Tradition in erster Linie um die Provokation des Publikums ging, was dazu führte, dass viele dieser Veranstaltungen zu Skandalen wurden.
In Gemeinschaftsarbeiten mit diesen Autoren schrieb Bayer Lyrik, literarische Montagen und dramatische Texte.
Im Jahr 1964 hielt sich Konrad Bayer bei Padhi Frieberger im Schloss Hagenberg im Weinviertel auf, um an seinem Roman "der sechste sinn" zu arbeiten.  "der sechste sinn" blieb unvollendet.
Konrad Bayer beging am 10. Oktober 1964 Selbstmord.
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